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zwischen Felsen, hin- und herschwankend wie eine Alge.
Und whrend Roberto das alles dachte, stand die Sonne des Dienstags schon in seinem Rcken, und
der Zeitpunkt des Todes von Pater Caspar Wanderdrossel rckte immer mehr in die Ferne.
Der Sonnenuntergang erzeugte einen gelbschtigen Himmel hinter dem dunklen Grn der Insel im
Westen und davor ein stygisches Meer. Roberto begriff, da die Natur mit ihm trauerte, und wie es
vorkommt, wenn man eine teure Person verloren hat, beweinte er nach und nach nicht mehr ihren Tod,
sondern das eigene Unglck und die eigene wiedergefundene Einsamkeit.
Erst vor so wenigen Tagen war er ihr entronnen, und in diesen wenigen Tagen war ihm Pater Caspar der
Freund, der Vater, der Bruder, die Familie und die Heimat geworden. Jetzt machte er sich bewut, da
er wieder allein war. Und diesmal fr immer.
Doch in dieser Niedergeschlagenheit entwickelte sich eine andere Illusion: Er war jetzt sicher, da der
einzige Weg, aus dieser Einsamkeit auszubrechen, nicht im unberwindlichen Raum zu suchen war,
sondern in der Zeit.
Er mute jetzt wirklich schwimmen lernen, um die Insel zu erreichen. Nicht um einen Rest von Pater
Caspar wiederzufinden, der sich in den Falten der Vergangenheit verloren hatte, sondern um den
schrecklichen Vormarsch der Zukunft aufzuhalten.
Emblematisches Lust-Cabinet
Drei Tage lang starrte Roberto durch das Bordfernrohr (das andere, strkere, war ja nun leider nicht
mehr brauchbar) auf die Wipfel der Bume am Ufer. Er wartete auf das Erscheinen der
Flammenfarbenen Taube.
Am dritten Tag schttelte er sich. Er hatte seinen einzigen Freund verloren, sa mutterseelenallein am
fernsten aller Meridiane und htte sich Getrstet gefhlt, wenn ihm ein Vogel erschienen wre, der
vielleicht nur durch Pater Caspars Kopf geschwirrt war!
Er beschlo, sein Refugium noch einmal zu untersuchen, um zu sehen, wie lange er noch auf dem Schiff
wrde leben knnen. Die Hhner legten weiterhin Eier, und es gab jetzt auch ein Nest mit Kken. Von
den auf der Insel gesammelten Frchten war nicht mehr viel brig, sie waren inzwischen zu trocken und
taugten nur noch als Vogelfutter. Es gab noch ein paar Wasserfsser, aber wenn er das Regenwasser
auffing, wrde er sie sogar unberhrt lassen knnen. Und schlielich fehlte es nicht an Fischen.
Dann berlegte er, da er ohne frische pflanzliche Nahrung an Skorbut sterben wrde. Es gab zwar die
Pflanzen im Unterdeck, aber die wrden nur bei Regen auf natrlichem Wege gewssert; sollte es
jedoch lngere Zeit nicht regnen, wrde er sie mit dem Trinkwasser gieen mssen. Und sollte es
tagelang strmen, wrde er zwar genug Wasser haben, aber nicht fischen knnen.
Um sich von seinen Sorgen abzulenken, ging er hinunter in den Raum mit der Wasserorgel, die Pater
Caspar ihn anzustellen gelehrt hatte. Er hrte immer nur Daphne, weil er nicht gelernt hatte, die Walze
auszuwechseln, aber es wurde ihm nicht leid, stundenlang immer dieselbe Melodie zu hren. Eines Tages
hatte er die Daphne, das Schiff, mit dem Leib der geliebten Frau gleichgesetzt. War Daphne nicht eine
Nymphe gewesen, die sich in einen Lorbeerbaum verwandelt hatte, also in eine Substanz hnlich jener,
aus der das Schiff gemacht war? Also sang die Melodie von Lilia. - Wie man sieht, war die
Gedankenverkettung ganz sprunghaft, aber so dachte Roberto.
Er warf sich vor, da er sich durch die Ankunft Pater Caspars von seiner Signora hatte ablenken lassen,
da er ihm in seine technischen Abenteuer gefolgt war und darber sein Liebesgelbnis vergessen hatte.
Jenes einzige Lied, dessen Text er nicht kannte, wenn es je einen gehabt hatte, verwandelte sich in das
Gebet, das er nun beschlo, die Maschine jeden Morgen murmeln zu lassen: Daphne, gespielt von
Wasser und Wind in den Innereien der Daphne, die an die antike Metamorphose einer gttlichen
Daphne gemahnte. Jeden Abend, wenn er den Himmel betrachtete, summte er die Melodie vor sich hin
wie eine Litanei.
Dann kehrte er in seine Kajte zurck und schrieb wieder an Lilia.
Dabei machte er sich bewut, da er die vergangenen Tage im Freien und Hellen verbracht hatte und
sich nun wieder in jenes Halbdunkel flchtete, das vor der Begegnung mit Pater Caspar sein natrlicher
Lebensraum gewesen war, nicht nur auf der Daphne, sondern schon seit mehr als zehn Jahren, seit
seiner Verwundung in Casale.
In Wahrheit glaube ich nicht, da Roberto in all jenen Jahren, wie er wiederholt glauben lt, immer nur
nachts gelebt hatte. Da er die grelle Sonne gemieden hatte, knnen wir annehmen, aber als er Lilia
verfolgte, tat er es bei Tage. Ich denke, da seine Krankheit mehr ein Ausdruck dsterer Stimmung als
eine wirkliche Sehstrung war: Da ihm das Licht weh tat, merkte er nur in seinen trbsinnigsten
Momenten, und sobald sein Geist durch frhlichere Gedanken abgelenkt war, achtete er gar nicht darauf
Wie immer dem auch gewesen sein mag, an jenem Abend ertappte er sich dabei, da er zum erstenmal
ber den Reiz des Schattens nachdachte. Whrend er schrieb oder wenn er die Feder hob, um sie ins
Tintenfa einzutauchen, sah er das Licht entweder als goldenen Hof auf dem Papier oder als wchsernen
und fast durchscheinenden Umri seiner im Dunkeln liegenden Finger. Als wohnte es im Innern seiner
Hand und zeigte sich nur an den Rndern. Ringsum war er in die freundliche Kutte eines Kapuziners
gehllt, beziehungsweise in ich wei nicht was fr ein nubraunes Schimmern, das, wo es ans Dunkel
grenzte, erlosch.
Er betrachtete die Flamme der Lampe und entdeckte, da sie aus zwei Feuern bestand: Wo sie sich an
der vergnglichen Materie nhrte, war sie rot, aber aufsteigend brachte sie eine blendendweie Zunge
hervor, die an der Spitze ins Himmelblau ihrer Wurzel auslief Genauso, sagte er sich, brachte seine von [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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