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»Eine dumme Geschichte.« Nickel war der Zweifel in Tommys Stimme nicht entgangen. Sie war
sehr nachdenklich.
»Da haben wir es mit lauter gewöhnlichen, ganz alltäglichen Leuten zu tun und wollen sie durchaus
mit einem Verdacht in Zusammenhang bringen.«
»Ich habe Bletchley schon ein bißchen auf den Zahn gefühlt.«
»In welcher Weise? Ich wollte es dir gerade vorschlagen.«
»Ja, die üblichen netten kleinen Fallen: Daten und Namen und Ähnliches.«
»Möchtest du nicht freundlichst vom Allgemeinen zum Besonderen kommen, wenn du mit mir
redest?«
»Aber Nickel! Also, wir haben zum Beispiel über Entenjagd gesprochen. Er erwähnte Fayum  da
wäre in dem und dem Jahr, in dem und dem Monat eine großartige Jagd gewesen. Ein anderes Mal
sprach ich in ganz anderem Zusammenhang über Ägypten: Mumien, Tutanch-Amon  ob er das
Zeugs gesehen hätte. Wann war er dort? Er antwortete; und ich habe seine Antworten später
nachgeprüft. Dann sprach ich über Schiffahrtslinien, über ein paar bestimmte Schiffe. Er kannte sie,
hatte die eine oder andere Reise mitgemacht. Lauter Belanglosigkeiten, weißt du, Nickel, nichts,
wobei man auf der Hut sein müßte.«
»Und du bist keiner Ungenauigkeit auf die Spur gekommen, keinem Widerspruch?«
»Keinem einzigen. Alles, was er gesagt hat, stimmt. Und dieses Verfahren ist sehr wirksam und
aufschlußreich.«
»Ja, aber wenn er wirklich N. wäre, müßte er natürlich alles, was er sagt, am Schnürchen parat
haben.«
»In den großen Hauptlinien, gewiß. Aber es ist gar nicht so leicht, die kleinen Einzelheiten immer
auseinanderzuhalten. Und dann könnte auch hie und da das Gedächtnis allzu gut sein. Ein
unbefangener Mensch ist nicht imstande, einfach aus dem Handgelenk anzugeben, ob er im Jahre
1926 oder 27 zu einer Jagdpartie eingeladen war; er muß erst ein bißchen nachdenken, sein
Gedächtnis auffrischen.«
»In diesem Punkte liegt bei Bletchley also nichts Verdächtiges vor?«
»Er antwortete jedesmal wie ein normaler, unbefangener Mensch.«
»Resultat: negativ.«
»Stimmt.«
»Nun will ich dir sagen«, erklärte Nickel, »wie ich mir die Geschichte weiter vorstelle.«
Auf dem Heimweg ging Mrs. Blenkensop auf die Post, kaufte Marken und rief von einer
Telefonzelle aus eine bestimmte Nummer an. Sie verlangte »Mr. Faraday«; das war der mit Mr.
Grant vereinbarte Deckname. Lächelnd verließ sie die Zelle, begab sich langsam nach Hause und
kaufte unterwegs noch etwas Strickwolle.
Es war ein schöner Nachmittag; ein leichter Wind machte das Gehen angenehm. Nickel mäßigte
ihre flinken, energischen Schritte zu einem für Mrs. Blenkensop besser geeigneten ruhevollen
Schlendern. Mrs. Blenkensop hatte ja nichts anderes auf der Welt zu tun, als zu stricken (was sie
nicht allzu gut machte) und an ihre Söhne zu schreiben. Sie schrieb fortwährend Briefe, und zuweilen
ließ sie sie halbfertig herumliegen.
Langsam stieg Nickel den Hügel nach Sans-Souci hinan. Die Straße, gewissermaßen eine breite
Sackgasse, führte nur bis zu Kommandant Haydocks Haus, zum »Schmugglernest«; daher herrschte
hier nie viel Verkehr  allenfalls fuhren morgens ein paar Lieferwagen vorbei.
Als Nickel sich der Pension näherte, erblickte sie eine Frau am Gartengitter, die zum Haus
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Agatha Christie - Rotkäppchen und der böse Wolf
hinüberstarrte. Etwas seltsam Gespanntes, Lauerndes war in ihrer Haltung.
Instinktiv dämpfte Nickel ihre Schritte und kam beinahe lautlos heran. Die Frau bemerkte sie erst,
als sie dicht hinter ihr stand. Da drehte sie sich heftig erschrocken um.
Es war eine große Frau, ärmlich, fast schäbig gekleidet; aber das Gesicht war ungewöhnlich.
Zwischen ihrem Gesicht und ihrer Kleidung bestand ein auffallender Gegensatz. Sie war blond und
hatte breite Backenknochen; sie mußte einmal schön gewesen sein  eigentlich war sie es noch. Es
schien Nickel einen Augenblick, als kenne sie das Gesicht  dann aber meinte sie sich doch zu irren.
Dieses Gesicht, so sagte sie sich, vergißt man nicht so leicht, wenn man es einmal gesehen hat.
Die Frau war ganz augenscheinlich verwirrt. Es entging Nickel nicht, daß sie errötete.
»Verzeihung«, sagte Nickel, »suchen Sie jemand?«
Die Frau sprach langsam, mit ausländischem Tonfall, sorgsam, wie auswendig gelernt: »Ist dieses
Haus Sans-Souci?«
»Ja. Ich wohne hier. Wollen Sie jemand in Sans-Souci sprechen?«
Nach kurzem Zögern sagte die Frau: »Ja, bitte. Wohnt hier Mr. Rothenstein?«
»Mr. Rothenstein?« Nickel schüttelte den Kopf. »Nein, bedaure. Vielleicht hat er hier gewohnt und
ist inzwischen abgereist. Soll ich fragen?«
Aber die Fremde machte eine abwehrende Bewegung. »Nein, nein, ein Irrtum. Danke, Verzeihung.«
Sie drehte sich brüsk um und lief mehr, als daß sie ging, den Hügel hinab.
Mit aufsteigendem Verdacht blickte Nickel ihr nach. Da stimmte etwas nicht  das auffallende
Benehmen zuerst und dann die nichtssagenden Worte. Rothenstein  sicher nur ein vorgeschobener
Name, der erstbeste, der ihr gerade eingefallen war.
Nickel zögerte einen Augenblick, dann ging sie wieder den Hügel hinunter, hinter der Fremden her.
Irgend etwas befahl ihr, diese Frau im Auge zu behalten.
Dann aber blieb sie plötzlich stehen. Nein, das war falsch.
Damit zog sie die Aufmerksamkeit auf sich. Sie war im Begriff gewesen, in Sans-Souci einzutreten,
als sie mit der Frau gesprochen hatte; folgte sie ihr jetzt, so würde die Fremde  falls sie wirklich zur
feindlichen Verschwörerbande gehörte  merken, daß sie keine harmlose Mrs. Blenkensop war. Und
diese Rolle mußte unter allen Umständen einwandfrei weitergespielt werden.
Also kehrte sie wieder um, trat in Sans-Souci ein und blieb unten in der Halle stehen. Das Haus
schien, wie fast immer am frühen Nachmittag, ganz verlassen. Betty schlief, die älteren Gäste ruhten
sich aus oder machten einen Spaziergang. In der halbdunklen Halle stehend, überdachte Nickel die
sonderbare Begegnung, als ein kurzer, schwacher Laut ihr Ohr traf. Diesen Ton, dieses ganz leise,
kurze Klingeln, kannte sie gut.
In Sans-Souci befand sich das Telefon in der Halle. So, wie Nickel es gerade eben gehört hatte,
klingelte es, wenn am Nebenanschluß der Hörer abgehoben oder aufgelegt wurde. Es gab im Hause
nur einen einzigen Nebenanschluß  in Mrs. Perennas Schlafzimmer.
Tommy hätte jetzt vielleicht gezögert. Aber für Nickel gab es keine Bedenken. Vorsichtig nahm sie
den Hörer ab und hob ihn ans Ohr.
Kein Zweifel, jemand sprach am Nebenanschluß. Eine Männerstimme. Nickel hörte: »Alles in
Ordnung. Am Vierten also, wie verabredet.« [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]

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