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aus einer anderen Welt herüberschwappte und alles zer-
störte, worauf sie traf.
Das Mädchen an meiner Hand schrie entsetzt auf, und ich
warf ihm einen kurzen Blick zu, stellte aber fest, dass es
nicht verletzt war, sondern sich nur erschrocken hatte. Der
Feuersturm tobte über uns hinweg, pulverisierte Dächer und
Wände und setzte das, was er nicht sofort zerstören konnte,
in Brand. Aber er vermochte weder dem Mädchen (Judith
 es hatte Judiths Gesicht, nur dass es viel jünger war und
nicht Judiths rotes Haar hatte, sondern bis auf die Schultern
fallende schwarze Locken) noch mir etwas anzutun, denn er
war Teil einer anderen Horrorvision, die der Teil von mir
sogar erkannte, der noch immer beharrlich darauf pochte,
dass ich schlief und dass das hier alles nur ein Alptraum
war, der mir nicht wirklich etwas anhaben konnte. Es war
der monochrome Ausschnitt eines Filmclips aus den frühen
Fünfzigern, in dem zum ersten Mal die Folgen einer
Nuklearexplosion dokumentiert wurden; Bäume, die sich
wie sturmgepeitschtes Gras bogen, bevor die Druckwelle
zuerst die Blätter und eine Nanosekunde später die Rinde
von den Stämmen fegte, ein Haus, dessen Dach sich in
einer fast ästhetischen Wellenbewegung abhob und in
Millionen Teile zerfiel, bevor es von einem unsichtbaren
Faustschlag getroffen und zusammen mit dem Rest des
Gebäudes pulverisiert wurde, ein billig eingerichtetes
Zimmer voller Schaufensterpuppen, Stofftiere, Nieren-
tischchen und Stehlampen mit gestreiften Stoffschirmen,
dessen Fensterscheiben plötzlich grell aufleuchteten und
sich dann in einen Hagel tödlicher Schrapnellgeschosse
verwandelten, bevor die Druckwelle die Kamera traf und
zerschmetterte. Jeder, der einen Fernseher besitzt, hat diese
Szene schon einmal gesehen, und irgendein verschrobener
Teil meines Unterbewusstseins musste sie in mir mit
diesem brennenden mittelalterlichen Crailsfelden assoziiert
und eingeblendet haben; ein Traum in einem Traum, der die
Requisite gefährdete, aber nicht die Akteure.
Aber ich hatte keine Zeit, erleichtert aufzuatmen. Ich
hatte keine Zeit, schützend den Arm um das Mädchen an
meiner Seite zu legen. Ich hatte keine Zeit, irgendetwas
anderes zu tun, als zu laufen, immer schneller und schneller
zu laufen. Sie konnte kaum mit mir Schritt halten, stolperte
ein paarmal beinahe, doch ich riss sie einfach weiter mit.
Keine Ahnung, wohin, einfach nur weg. Weg von dem
Rauch und der Wolke aus Asche, fort von dem Feuer, das
überall brannte, wohin man auch sah  ein unersättlicher
Moloch aus Licht und Hitze und purer, verheerender
Energie, der durch die Stadt tobte und seine Wut darüber
hinausschrie, dass es uns nichts anhaben konnte. Der völlig
widersinnigen, aber zwingenden Logik eines Alptraums
folgend, schützte mich dieses Wissen nicht vor der Angst,
sondern schien sie eher noch zu verschlimmern. Ich konnte
nichts anderes tun, als zu rennen, hinaus aus diesem
Alptraum, weg von dem Feuer, das willkürlich und mit
böser Absicht gelegt worden sein musste, kreuz und quer in
dieser Stadt in einer Zeit, in der man Wäsche noch in
Kübeln wusch und Nachttöpfe einfach aus dem Fenster
leerte.
Weg von den Menschen, die uns verfolgten.
Sie schrien. Sie kreischten. Sie fluchten. Aber es war
nicht die Angst vor dem Feuer, die sie vorantrieb, sondern
Hass. Der Hass auf mich und das Mädchen an meiner Seite.
Vielleicht nur auf sie.
Ich wusste noch immer nicht, wer dieses Mädchen war.
Ich wusste ja noch nicht einmal, wo sie herkam, aber als ich
das nächste Mal den Kopf drehte und sie ansah, hatte sie
nicht mehr Judiths Gesicht, sondern südländisch-exotische
Züge, die mehr zu ihrem schwarzen Lockenhaar passten als
Judiths Pausbäckchen. Sie war jünger, noch ein Kind, und
in der Panik in ihren dunkel gewordenen Augen hatte sich
ein Ausdruck von stummem Vorwurf gemischt, den ich
nicht verstand, der sich aber trotzdem wie ein Messerstich
tief in meine Brust bohrte. Anscheinend hatte der Regisseur
dieses Kafka-Stückes, das in meinem Kopf ablief,
beschlossen, die Schraube um eine weitere Drehung anzu-
ziehen und es mir so richtig zu geben. Was immer diesem
Mädchen angetan worden war, wovor immer es floh, es war
meine Schuld. Es gab keinen Grund für diese Überzeugung,
aber Träume brauchen keine Begründung.
Die Verfolger kamen näher. Nicht sehr schnell, aber sie
kamen näher, und das würden sie auch weiter tun, denn
selbstverständlich unterschied sich dieser beschissene
Alptraum in diesem Punkt nicht von einem gewöhnlichen
Nachtmahr: Man konnte rennen und rennen, so schnell man
wollte, die Verfolger holten immer auf, auch wenn man
selbst lief wie von Furien gehetzt und sie nur gemütlich
schlenderten.
Unsere Verfolger schlenderten allerdings nicht.
Sie warfen Steine nach uns, stießen üble Flüche und
Verwünschungen aus, und ich musste nicht über die
Schulter zu ihnen zurückblicken, um zu wissen, dass sie
nach uns spien. Ich konnte ihre Worte nicht verstehen, [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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